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Seminar-Blog

In loser Reihenfolge wollen wir Einblicke nicht nur ins Seminar-Leben, sondern auch in andere Institutionen der Bildungslandschaft geben. Dabei werden unterschiedlichste Stimmen gehört und verschiedenste Standpunkte eingenommen.

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Unser nächster Beitrag erzählt von einer Referendarin, deren Mut belohnt wurde, in einer schwierigen Ausgangssituation mit festgefahrenen Methoden im Unterricht zu brechen und neue didaktische Wege einzuschlagen:

Blog-Eintrag Nummer 5, 18.6.2024

Ein Lehrfahrungswandel: Vom Klassenzimmer zum Koordinatensystem
Ein Blogbeitrag von Dr. Matthias Gercken
 
 
Die Ausbildung von Lehramtsreferendar:innen ist oft eine Herausforderung, die sowohl für die angehenden Lehrer:innen als auch für ihre Ausbilder:innen unvergessliche Entwicklungsmöglichkeiten bietet. In meiner Rolle als Ausbilder hatte ich vor einiger Zeit das Privileg, eine bemerkenswerte Geschichte zu erleben, die nicht nur das Engagement einer Referendarin, sondern auch die transformative Kraft des Unterrichts hervorhob.
 
Die Geschichte beginnt mit einer jungen Mathematik-Referendarin, die mutig die Herausforderung antrat, eine 10. Klasse im eigenständigen Unterricht zu übernehmen. Nach den ersten sechs Wochen, in denen sie versucht hatte, den Schüler:innen komplexe mathematische Konzepte der Analysis zu vermitteln, kam sie zu der ernüchternden Erkenntnis: Die Klasse hatte so große Lücken, dass sie vom neuen Stoff großtenteils nichts verstanden. Die Frustration war greifbar, die Tränen nah und die Aussicht auf eine erfolgreiche Lehrprobe schien in weite Ferne gerückt.
 
In einem Beratungsgespräch riet ich ihr schließlich zu Radikalität. Anstatt sich weiter in den festgefahrenen Methoden zu verlieren, entschied sie sich für einen unkonventionellen Ansatz. Sie räumte frühmorgens das Klassenzimmer leer, klebte mit Panzerband ein Koordinatensystem auf den Boden und begann von vorne, bei der ersten Lücke, bei den basalen Grundlagen. Diese drastische Veränderung zog neugierige Blicke auf sich und ließ die Schüler:innen aufhorchen.
 
Indem sie den Raum neugestaltete, schuf sie eine Atmosphäre des Neuanfangs. Durch das Koordinatensystem auf dem Boden wurde Mathematik plötzlich greifbar und lebensnah. Doch nicht nur die physische Umgebung, sondern vor allem ihre Herangehensweise änderte sich. Sie trat auf Augenhöhe mit den Schüler:innen, teilte ihre eigenen Lerngeschichten und machte Mathematik zu einem Abenteuer, das gemeinsam erkundet wurde.
 
Die Veränderung in der Dynamik der Klasse war augenfällig. Die Schüler:innen, die zuvor dem Unterricht skeptisch gegenüberstanden, begannen, aktiv teilzunehmen. Die Beziehung zwischen der Referendarin und den Schüler:innenn vertiefte sich, und plötzlich waren Fortschritte sichtbar. Das Klassenzimmer wurde zu einem Ort des kreativen Denkens und gemeinsamen Lernens.
 
Am Ende des Schuljahres gestalteten Referendarin mit ihrer Klasse eine der besten Lehrproben, die ich je gesehen hatte. Die Schüler:innen präsentierten nicht nur mathematische Konzepte, sondern zeigten auch ihre persönliche Entwicklung und die Fähigkeit, komplexe Probleme zu lösen. Die Klasse war zu einer Einheit zusammengewachsen, und die Referendarin hatte eine Schlüsselrolle in diesem beeindruckenden Wandel gespielt.
 
Dem Vorsitzenden der Lehrprobe eröffnete ich diese Details erst nach der Notenbesprechung, die weniger als 2 Minuten dauerte … er überließ mir die Verantwortung für die Notenverkündung … ich war stolz, die Erfolgsgeschichte dieser Referendarin und ihrer Klasse zu teilen. Es war ein Zeugnis dafür, wie Lehrer:innen durch Innovation, Empathie und die Bereitschaft, radikale Veränderungen vorzunehmen, eine bleibende Wirkung auf ihre Klasse haben können.
 
Diese Geschichte erinnert uns daran, dass das Lehren nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch die Fähigkeiten und das Selbstvertrauen der Schüler:innen stärkt. Es zeigt, dass manchmal der Weg zum Verstehen nicht linear ist, sondern radikale Ansätze und kreative Methoden notwendig sind, um eine echte Verbindung zwischen Lehrenden und Lernenden herzustellen.


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